Der neue Trend – immer mehr Prothesen!

Der Trend geht eindeutig zu mehr Hüft- und Knie-Operationen. Die Barmer GEK hat festgestellt, dass immer mehr künstliche Hüft- und Knieprothesen implantiert werden. Es wird befürchtet, dass die seit 2003 festzustellende Zunahme der Hüftprothesenimplantate um 9% und der Knieprothesen um 42 % eher eine Modeerscheinung als medizinische Notwendigkeit ist. Die Frage muss gestellt werden, wann ist eine neue Prothese medizinisch indiziert und notwendig und wann dient sie überwiegend dem wirtschaftlichen Wohlergehen von Hersteller, Arzt und Klinik.

Der Erkenntnis steigender Prothesen-Operationen ist der Vorsitzende der Jungen Union Phillip Mißfelder 2003 entgegen getreten. Er meinte, dass er nichts davon halte, wenn

„85-jährige noch eine künstliche Hüfte auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen. Früher sind die Leute auch mit Krücken gelaufen.”

Diese Aussage ist dumm und arrogant und hat mit dem eigentlichen Problem kontinuierlich steigender Hüft-TEP Operationen nichts zu tun. Niemand, auch Mißfelder nicht, sollte sich in seiner Arroganz so weit von Menschlichkeit und demokratischen Werten entfernen, dass er glaubt entscheiden zu können, wer von seinen Schmerzen erlöst werden darf, weil sich bei ihm eine Prothese „noch rechnet“, und wer nicht.

Wer entscheidet?

Die Durom-SHG verwahrt sich entschieden dagegen, Diskussionen vom Zaun zu brechen, die medizinische Versorgung an anderen Kriterien als dem Wohlergehen der Patienten festmachen wollen. Das Gesundheitssystem krankt bereits in einem mehr als erträglichen Maße an der Dominanz von wirtschaftlichen Interessen. Doch entscheidet der Arzt allein, wer wann welche Behandlung erhalten darf? Ist die Aussicht auf Erfolg das entscheidende Kriterium? Und wie definiert sich dann „Erfolg“: geht es um den wirtschaftlichen Erfolg des Arztes oder Krankenhauses oder steht der Erfolg für den Patienten, der wieder gesund werden möchte im Vordergrund? Die Untersuchung der Barmer GEK hat eine „signifikante Zunahme der Implantationen von Prothesen festgestellt. Was sind die Gründe der Zunahme?

Mehr Prothesen: gut oder schlecht?

Die Frage ist also, warum die Barmer eine signifikante Zunahme an Implantationen festgestellt hat. Zum einen, und das ist vielleicht der positive Grund, weil das Risiko einer solchen Operation geringer geworden ist und sie inzwischen Routine ist. Früher war eine Hüft-OP eine hochriskante Angelegenheit – von der Narkose, den Hygienebedingungen, der OP-Technik und -Geräten, den zur Verfügung stehenden Hilfsmittel oder den Reha-Angeboten. Da hat sich viel zum Besseren entwickelt. Warum also soll man heute länger als unbedingt notwendig unter den Schmerzen einer Hüftarthrose leiden? Früher operieren hilft schneller!

Zum anderen, und das ist ein möglicher negativer Grund, haben die Herstellerfirmen wie jedes Wirtschaftsunternehmen großes Interesse daran, möglichst viele ihrer Prothesen-Produkte an, bzw. in den Mann und die Frau zu bringen. Die Vertriebswege sind in den letzten Jahren immer effizienter und raffinierter geworden, die Ausgaben der Medizinproduktehersteller für Werbung und Information der Ärzte enorm gestiegen. Gleichzeitig sind die Produkte raffinierter und komplizierte geworden. Der einzelne Arzt hat es schwer, die Vor- und Nachteile eines Prothesenmodells zu erkennen.

Je mehr desto besser – für Arzt und Krankenhaus

Auch Kliniken erhalten vom Hersteller bei Abnahme größerer Stückzahlen Vergünstigungen. Je mehr Prothesen von Kliniken geordert werden umso günstiger ist der Preis der einzelnen Prothese. Diese Vergünstigungen werden in der Regel nicht an die Endverbraucher weitergegeben. Das heißt, die Krankenkassen bezahlen den vereinbarten höheren Pauschalpreis. Und je mehr „überteuerte“ Prothesen implantiert werden umso größer der Gewinn der Klinik am Ende des Jahres – zu Lasten der Solidargemeinschaft.

Der Arzt berichtet, vor allem bei neuen Prothesenmodellen, dem Hersteller über seine Erfahrungen. Diese Berichte können vollständige Krankenakten und OP-Berichte umfassen. Natürlich ist dem Hersteller daran gelegen, mit den Erfahrungen der Ärzte die Produkte kontinuierlich zu verbessern. Doch kommt es vor, dass neue Produkte vor Markteinführung im Labor nicht ausreichend geprüft werden und auf klinische Tests verzichtet wird. Die klinischen Tests werden in einem solchen Fall dann an den ahnungslosen Patienten durchgeführt, die nicht informiert werden, dass sie als „Versuchskaninchen“ missbraucht werden. Dass sind unverantwortliche Menschenversuche mit Patienten.

Belohnung für fleißige Ärzte

Kliniken und Ärzte mit der höchsten Einbauquote erhalten vom Hersteller „incentives“, also Belohnungen für besonders häufiges Einbauen der Prothese eines bestimmten Herstellers. Bei niedergelassenen Ärzten und Pharmafirmen ist das seit Jahren bekannte und gängige Praxis. Die „Incentives“ für Operateure können (Forschungs-)Professuren an Universitäten, ein eigenes Forschungsinstitut oder lukrative Vortragstätigkeit im Auftrag des Herstellers sein.

3 Kommentare
  1. admin
    admin sagte:

    Sehr geehrter Herr Hauke,

    Sind fehlerhafte Hüftprothesen eine normale Begleiterscheinung der starken Zunahme von Hüftprothesen-Operationen? Zuerst die Beantwortung der Frage bis zu welchem Alter von Patienten Hüftprothesen implantiert werden sollen? Patienten kommen zum Orthopäden, wenn sie unerträgliche Schmerzen beim täglichen Gehen erdulden müssen. Wenn ein Patient von seiner biologischen Kondition als über 80-jähriger Aussicht hat, 100 Jahre alt zu werden, wäre es unverantwortlich ihn im Rollstuhl noch so viele Jahre leiden zu lassen. Fehlerhafte Hüftprothesen können am besten vermieden werden, wenn sich der Patient mit dem Orthopäden entschliesst, ein über 10 Jahre bewährtes Pothesenmodell mit belegter Ueberlebensrate von 95% zu implantieren. Nur dann besteht Aussicht weitere 20 Jahre eine funktionstüchtige Hüftprothese zu erleben.

    Mit freundlichen Grüssen

    Dr. Manfred Semlitsch.

    Antworten
  2. admin
    admin sagte:

    Liebe Patientinnen, liebe Patienten,

    Die Barmer GEK hat festgestellt, dass immer mehr Hüft- und Knieprothesen implantiert werden. Es wird befürchtet, dass die Zunahme seit 2003 der Hüftprothesenimplantate um 9% und der Knieprothesen um 42 % eher eine Modeerscheinung als medizinische Notwendigkeit ist. Der Vorsitzende der Jungen Union Phillip Mißfelder meinte bereits 2003, dass er nichts davon halte, wenn „85 jährige noch eine künstliche Hüfte auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“. “Früher sind die Leute auch mit Krücken gelaufen.”

    Im Artikel werden zwei Gründe zur Diskussion gestellt, die eher als die unqualifizierte Aussage des CDU Jungpolitikers, zum Nachdenken anregen. Diskutieren Sie mit und sagen Sie uns weiter Ihre Meinung zu der Frage, ob fehlerhafte Hüftprothesen eine normale Begleiterscheinung der starken Zunahme von Hüftprothesen-Operationen ist.

    Den Artikel finden Sie auf unserer hompepage unter: https://www.durom-hueftprobleme.de/informationen-der-beteiligten/der-neue-trend-huftprothesen-sind-in

    Mit herzlichen Grüßen

    Hanspeter Hauke
    Vorsitzender Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese e.V.

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  3. Hartmut Txxx
    Hartmut Txxx sagte:

    Mal wieder so ein Artikel, in dem jemand von etwas schreibt, von dem er keine Ahnung hat. Klar, es wird immer wieder Idioten geben, die, wie kürzlich in einem Spiegel-Bericht zu lesen war, sich eine Hüftprothese einbauen lassen, weil sie nicht mehr eine komplette Marathondistanz von 42 km laufen können und deshalb bei km 20 zum Aussteigen gezwungen sind. Aber die anderen haben einfach Schmerzen bei der Verrichtung alltäglicher Arbeit und Bewegung. Und hier beginnt das eigentliche Problem. Schmerz ist eine äußerst subjektiv wahrgenommene Angelegenheit. Das Schmerzempfinden des einen kann bei einer anderen Person nicht vorausgesetzt werden, genauso wenig wie Schmerzen die mehrere Personen haben, miteinander verglichen werden können.
    Wenn ich mich als Beispiel nehme, kann ich sagen, ich hatte zum Schluß tierische Schmerzen, nur keiner glaubte, daß diese von meiner Hüfte herrührten. Einen Leistenbruch soll ich gehabt haben. Als ich es nicht mehr aushielt, drei Jahre waren vergangen, ging ich noch einmal zum Orthopäden. Ja, meinte er nach einer Röntgenuntersuchung, ich weiß nicht, wie ich es ihnen sagen soll, aber der Knorpel am Hüftgelenk ist weg.
    Recht schnell war klar, daß mir als aktiver, sportbegeisterter Mensch nur der Einbau einer Hüftprothese helfen könne.
    Jetzt lebe ich nun einmal nicht allein auf dieser Welt. Freunde, Bekannte, Nachbarn haben mich leiden sehen und erleben mich heute nach der Operation. Alle erfahren dasselbe: Das künstliche Hüftgelenk hat diesem Menschen vieles an Lebensqualität zurückgebracht. Diese Botschaft und das ist nun einmal in einer Kommunikationsgesellschaft so, werden sie nicht nur für sich behalten, sondern auch anderen, wenn es die Gelegenheit ergibt, weitererzählen. Wen wundert es dann noch, wenn immer mehr, die unter Gelenkproblemen leiden, den Operateur aufsuchen. Der Gedankenweg dabei ist schließlich mehr als deutlich: Warum soll das, was bei bei dem und dem wunderbar klappte, bei mir kein Lösungsweg sein.
    Nicht anders funktioniert im Prinzip auch die Wirtschaft. Autos waren z. B. keine Selbstläufer. Sie konnten nur verkauft werden, weil immer mehr Menschen erfuhren, dass die eine tolle Sache sind. Man kommt schneller und bequemer von a nach b, ist unabhängiger von öffentlichen Verkehrsmitteln usw. usw. Und ist mal eines defekt, wie z. B. die Durom-Hüfte, dann hat man halt Pech gehabt. Trotzdem, mit Auto bzw. künstlichem Hüftgelenk gewinnt das Leben an Qualität.
    Mein Rat deshalb an die Autoren des Artikels: Erst Verstand einschalten, dann schreiben.

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