Promotion warnt vor MoM-Prothesen
Bereits 2003 erschien die Abhandlung zur Erlangung des Titels Doktor der technischen Wissenschaften der eidgenössischen technischen Hochschule Zürich von Markus Windler mit dem Titel: „Korrosionsverhalten von modularen Verbindungen bei Hüftprothesen“. In seiner Arbeit untersucht er Hüftprothesenmodelle wie die Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer-(Biomet) oder die ASR-Prothese von DePuy.
In seiner Promotion schreibt Windler in seiner der Arbeit vorangestellten Zusammenfassung:
In dieser Arbeit wurden die Konusflächen von 155 explantierten CoCr-Kugelköpfen mit 12/14 Konus untersucht, welche bis zu 113 Monaten implantiert waren. Vorwiegend am Konuseingang zeigten 29,6% der Kugelkonen Korrosionsnarben, mit Ablagerungen von chromreichen Korrosionsprodukten. Bei 8 Kugelköpfen, mit erhöhter Konusrauhheit konnte Fretting- und Lochkorrosion nachgewiesen werden. Mit zunehmender Implantationszeit erhöht sich die Auftretenswahrscheinlichkeit von Korrosionsphänomenen, und ab dem vierten Implantationsjahr konnte bei 50% der Kugelköpfe Korrosion nachgewiesen werden.
In den Gerichtsverfahren von Durom-Patienten gegen den Medizinproduktehersteller Zimmer-Biomet (früher: Zimmer) wird von den Anwälten des Herstellers gebetsmühlenartig vorgetragen, dass die Gefahr von Korrosion bei MoM Hüftprothesen zum Zeitpunkt der Markteinführung 2003 nicht bekannt war. Das ist nachweislich falsch. Die von Zimmer durchgeführten Laborversuche mit der neuen Durom-Metasul-LDH-MoM-Hüftprothese waren schon damals bekanntermaßen unzureichend und vom Testdesign her nicht geeignet, Rückschlüsse auf das Verhalten der Prothese im Patienten zuzulassen. Windler schreibt hierzu:
Die Untersuchungen der Konussysteme zeigten, dass die Resultate aus den
Laborexperimenten mit den Beobachtungen an explantierten Implantatkomponenten
nur bedingt vergleich- oder übertragbar sind. Mit den Laborversuche kann
vorwiegend das mechanische Verhalten einer konischen Verbindung, unter
kontrollierten Bedingungen, untersucht werden. Die dabei auftretenden
Mikrobewegungen der Komponenten führen zu einer örtlichen Verletzung des
Passivfilmes, mit charakteristischen Frettingströmen die gemessen werden können.
Implantate verweilen hingegen über Jahre im Körper und erfüllen ihre Funktion bei
jedem Schritt. Die zeitlichen Veränderungen an den Grenzflächen des untersuchten
12/14 Konus überwiegen dort im Vergleich zu den Veränderungen infolge
mechanischer Belastung. Es ist erklärbar, dass korrosive Angriffe in Spalten der
modularen Verbindungen stattfinden konnten ohne mechanische Belastung.
Prof. Dr. Sannakaisa Virtanen
Der Ersatz des natürlichen Hüftgelenkes durch ein sogenanntes Kunstgelenk, zur Erlangung von Schmerz- und Bewegungsfreiheit, ist in der heutigen Chirurgie zur Routineoperation geworden. Moderne Hüftprothesen sind modular aufgebaut um möglichst die anatomischen Verhältnisse des Patienten wieder herzustellen. Mittels konischer Steckverbindung kann der Arzt während der Operation den passenden Kugelkopf auf den Hüftschaft verankern. Durch die Modularität der Prothese hat der Chirurg die Möglichkeit verschiedene Werkstoffe wie Metalle und Keramiken miteinander zu kombinieren. Doch die „Nahtstellen“ der verschiedenen Teile einer modularen Hüftprothese bergen die Gefahr des Abriebs. Markus Windler geht in seiner Promotion sehr detailliert auf die Ursachen, Auswirkungen und Zusammenhänge des Metallabriebs bei künstlichen modularen Hüftprothesen Systemen ein.
Von grossem Interesse wäre eine Veröffentlichung der von
Dr. Markus Windler untersuchten Retrieval-Fälle von reoperierten DUROM LDH Hüftendoprothesen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen für alle auf dem Markt befindlichen minimal invasive LDH Hüftprothesen, die bei einer grossen Anzahl von Patienten versagt haben. Wahrscheinlich kann man die Schuld für das Versagen nicht auf die orthopädischen Chirurgen und Patienten abwälzen. Einzig und allein wissenschaftliche Untersuchungen können die Situation klären.
Durch jahrzehntelange klinische Untersuchungen von Hüftprothesen-Modellen aus den 80er-Jahren verfügt man heute bekanntlich über
„doctor and patient proof“ Hüftendoprothesen, die den Patienten
die Lebenqualität während 10 – 25 Jahren erheblich verbessern.
Diese THP-Modelle sind der „golden standard“, an dem sich jede Neuentwicklung messen lassen muss. Wenn dies unterbleibt, gibt es nur noch sogenannte „Verschlimmbesserungen“ mit katastrophalen Folgen für den Patienten.
Die Konus-Steckverbindungen werden von den orthopädischen Chirurgen bei der Implantation von modularen Hüftgelenkendoprothesen oft sehr unterschiedlich ausgeführt. Perfekt sind Montagen mit speziellen Gleithammerinstrumenten in der Konusachsrichtung mit definierter, vorgeschriebener Aufschlagkraft. Oft werden auch nur individuell geführte Hammerschläge auf den Konus ausgeführt. Es kann aber auch vorkommen, dass die Konen nur locker aufgesteckt werden und der Operateur auf die Belastung des Konus unter dem Körpergewicht vertraut. Speziell in solchen Fällen kann es zu Konuslockerungen mit einhergehendem Metallabieb mit seinen Folgeschäden kommen.
Interessante Arbeit!
Es geht unter anderem auch um Korrosion an Konen und zwar an dem Vorgängermodell des Metasul-LDH-Systems. Untersucht werden Explantate und neue Systeme. Anhand von Untersuchungen kam der Autor zum Schluss:
der Verschleiß im Konus nimmt mit Zeit und Belastung zu;
je stabiler das System (Schaft – Kopf) ist, desto weniger Korrosion.
Wenn man bedenkt, dass bei dem Metasul-LDH-System der Schaftkonus um ca. 20% gekürzt wurde und durch Einführung einer Kopfadapterhülse die Korrosionsfläche der Konen verdoppelt wurde, kann man sich gut vorstellen, dass die Korrosionsprobleme nicht abnehmen.
Bei dem System scheinen die Mikrobewegungen vorprogrammiert, da die „tragende“ Auflagefläche des Schaftkonuses durch die „gewindeartige“ Oberflächenstruktur bestimmt um die Hälfte reduziert ist.