Zimmer wegen Durom-Prothesen verurteilt

Am Montag, dem 15.10.2018 wurde die Firma Zimmer vom Landgericht Freiburg unter Vorsitz von Richter Löscher erneut zur Zahlung von Schmerzensgeld in 5-stelliger Höhe wegen der von ihr in Verkehr gebrachten Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde die Fehlerhaftigkeit des Prothesenmodells eindeutig fest gestellt und ausführlich begründet.

Bei der Feststellung der Fehlerhaftigkeit habe das Gericht folgende Fragen geprüft:

  • Was war die Ursache für die Vielzahl an Revisions-Operationen?
  • Was war ursächlich für bekannt gewordenen gesundheitlichen Probleme der Betroffenen?
  • Waren die Probleme zum Zeitpunkt der Markteinführung bereits erkennbar?

Nach dem Medizinproduktehaftungsgesetz haftet ein Hersteller dann, wenn

  • während der Herstellung des Prothesenmodells Fehler aufgetreten sind (Fabrikationsfehler)
  • die Konstruktion des Prothesenmodells fehlerhaft ist (Konstruktionsfehler)
  • keine vollständigen und aussagekräftigen Hinweise zur Operationstechnik vorliegen (Instruktionsfehler);

Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass erhöhter Metallabrieb vorliegt. Er sei durch einen Fehler in der Konussteckverbindung verursacht worden, da es nicht möglich gewesen sei, diese Verbindung bei der Operation so stabil zu gestalten, dass keine Mikrobewegungen entstehen können. Hätten Bewegungen innerhalb des Prothesensystem vermieden werden können, hätte es auch keinen erhöhten Abrieb gegeben. Dies sei jedoch nur durch ein Zusammenfügen der Prothesenteile während der Operation mit einer Kraft von 7 NP möglich gewesen.  Bei einem Schlag von 7 NP auf den Schaft, der nötig gewesen wäre, um Konus und Schaft stabil zu verbinden, wäre der Oberschenkenhalsknochen des Patienten gesprengt worden (Fissur des Femur).

Nach Auffassung des Gerichts war die OP Anleitung von 2004 fehlerhaft. So enthält sie keine Hinweise auf die Bedeutung der Fügekräfte und darauf, wie der Operateur damit umgehen soll. Ebenso wenig gibt es Hinweise auf die Bedeutung der Reinigung von Fett und Gewebe des Operationsbereiches. In der Einbauanleitung von Zimmer aus dem Jahr 2004 würde nur darauf hingewiesen, die Verbindungsstellen von Blut zu reinigen, nicht aber von Fett und Gewebe. Eine vollständige Reinigung sei aber unabdingbar für die Stabilität der Verbindung. Schon deshalb sei die Prothese fehlerhaft, da bei einer fortbestehenden Verunreinigung der Konussteckverbindung die erforderliche Fixierung der einzelnen Prothesenteile nicht möglich sei. Mikrobewegungen und damit erhöhter Abrieb seien unvermeidlich.

Das Gericht führt aus, dass bei der Beurteilung der Erkennbarkeit des Fehlers zum Zeitpunkt der Markteinführung des Prothesenmodells nicht erkennbar sein muss, welche konkreten Schäden entstehen könnten. Es reiche die potentielle Fehlerdisposition des Prothesenmodells aus. Diese sei auf Grund der Erfahrungen mit Metall auf Metall (MoM) Kleinkopfprothesen bereits gegeben gewesen und hätte berücksichtigt werden müssen.  Durch im Jahr 2010 durchgeführte Test mit MoM Großkopfprothesen sei erhöhter Metallabrieb nachgewiesen worden. Diese Tests hätten bereits vor Markteinführung durchgeführt werden können und müssen.

Das Gericht betont, dass bei der Risikoklasse von Medizinprodukten, unter welche Hüftprothesen fallen, klinische Tests vorgeschrieben sind. Die aus klinischen Test mit entsprechenden Kleinkopfprothesen gewonnenen Erkenntnisse hätten nicht einfach auf MoM Großkopfprothesen übertragen werden dürfen. Bei den grundsätzlichen Innovationen der Durom-Hüftprothese hätten umfangreiche Tests und Untersuchungen durchgeführt werden müssen.

Der Gesundheitszustand der Patienten vor der Operation ist nach Auffassung des Gerichts unerheblich, da die vorliegenden gesundheitliche Einschränkungen nicht in Verbindung stehen mit der Erkrankung, die zur Hüft-TEP-Operation geführt haben. Die beschriebenen Krankheiten sind somit vom Abrieb induziert.

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