Patientenschutz
Der Schutz der Patienten vor fehlerhaften Medizinprodukten soll gewährleistet werden durch das europaweit geltenden Zulassungsverfahren über die Benannten Stellen, an dessen Ende die CE-Kennzeichnung des Produkts und die europaweite Marktzulassung steht, das deutsche Produkthaftungsgesetz (§ 1 ProdHaftG, Haftung der Medizinprodukthersteller) welches die Haftung des Herstellers und die Zuständigkeiten der Landesbehörden bei Problemen mit dem Produkt nach Markteinführung regelt, sowie ein Prothesenregister. Auch die Krankenkassen können Patienten bei Problemen mit fehlerhaften Medizinprodukten unterstützen.
Erfahrungen der SHG:
In leidvoller Praxis mussten die von der fehlerhaften Hüftprothese Durom-Metasul-LDH der Firma Zimmer-Biomet (und ASR von DePuy) betroffenen Patienten feststellen, dass Patientenschutz nur in der Theorie besteht.
Die Benannten Stellen führen als gewinnorientierte Unternehmen im Auftrag des Herstellers das Konformitätsverfahren durch. Grundlage für das Konformitätsverfahren sind die vom Hersteller eingereichten Unterlagen. Da der Hersteller die Benannte Stelle frei wählen kann, sie dann beauftragt und bezahlt, sind einer effektiven Kontrolle und dem Patientenschutz entgegen stehende Interessenlagen nicht auszuschließen. Eine medizinische Prüfung des Produkts mit Blick auf Patientensicherheit ist darüberhinaus nicht Aufgabe der Benannten Stelle und wird nicht durchgeführt. Dies erklärt, warum es immer wieder vorkommt, dass fehlerhafte Medizinprodukte für den europäischen Markt zugelassen werden. So erhielten sowohl ein offensichtlich fehlerhaftes und gesundheitsschädliches Hüftprothesenmodell als auch ein Mandarinennetz aus dem Supermarkt die Zulassung als Medizinprodukte. Sie hätten in Europa auf den Markt gebracht und Patienten implantiert werden dürfen mit voraussehbar katastrophalen Folgen! Das CE-Kennzeichen ist kein Qualitätssiegel, auch wenn immer wieder der Eindruck erweckt wird.
Quelle fiktive Hüftprothese: (British Medical Journal), (Cohen, 2012)
Quelle Madarinennetz
Von einem fehlerhaften Medizinprodukt betroffene Patienten können gem. Produkthaftungsgesetz den Hersteller gerichtlich zur Verantwortung ziehen. Dazu muss jeder Betroffene vor Gericht nachweisen, dass das ihm implantierte Medizinprodukt fehlerhaft ist. Hilfreich wären für seine Beweisführung die technischen Konstruktionsunterlagen und die Unterlagen, die der Hersteller bei der Benannten Stelle zur Erlangung des CE-Zeichens eingereicht hat. Diese Unterlagen werden jedoch vom Hersteller in der Regel mit dem Hinweis auf Betriebsgeheimnisse verweigert.
Die Beauftragung eines Fachanwaltes für Medizinrecht, die Einreichung der Klage, die Beauftragung von Gutachten, welche die Fehlerhaftigkeit des Produkts nachweisen, sind mit hohem finanziellen Risiko verbunden. Das können viele Betroffene zusätzlich zu ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und den psychischen Belastungen nicht auf sich nehmen. In der Praxis schrecken Betroffene oft vor einer Klage gegen den Hersteller und einer sich oft viele Jahre hinziehenden gerichtlichen Auseinandersetzung zurück.
Für den Patientenschutz sind die Bundesländer zuständig, welche die entsprechende Landesbehörde benennen. Treten Probleme mit Medizinprodukten auf, sind Hersteller und Kliniken eigentlich verpflichtet, dies dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu melden. Dieses prüft und bewertet die eingehenden Informationen und Unterlagen und veröffentlicht eine Empfehlung, die dem Hersteller und der zuständigen Landesbehörde übermittelt wird. Als Bundesinstitut kann es gegenüber Herstellern und Landesbehörde jedoch keine Anweisungen erteilen oder eigene Maßnahmen ergreifen. Hält sich der Hersteller nicht an die Empfehlung des BfArM entscheidet die Landesbehörde in eigenem Ermessen über das weitere Vorgehen.
Das BfArM empfahl 2010, die Durom-Metasul-Hüftprothese der Firma Zimmer-Biomet vom Markt zu nehmen. Das im Fall der allein in Freiburg über 1000 von diesem Prothesenmodell Betroffenen zuständige Regierungspräsidium Freiburg unternahm auch nach Intervention der SHG Durom nichts. Das Modell ist bis heute nicht vom Markt genommen. Das RP Freiburg weigert sich darüberhinaus, die mit dem fehlerhaften Hüftprothesenmodell belieferten Kliniken zu informieren.
Die SHG Durom bemühte sich um konstruktive Gespräche mit den gesetzlichen Krankenkassen, da diesen durch die Re-Operationen einer Vielzahl von Patienten ein finanzieller Schaden entsteht. Ziel war, die gemeinsame Interessenlage zu definieren und gemeinsam gegen den Hersteller der Prothese vorzugehen. Die Krankenkassen lehnten weitergehende Kontakte mit der SHG oder gar ein gemeinsames Vorgehen mit der Begründung ab, „man wolle erst einmal abwarten, was die SHG erreichen würde.“ Ob sich die Krankenkassen zwischenzeitlich mit dem Hersteller außergerichtlich geeinigt haben, entzieht sich der Kenntnis der SHG.
Neueste Beiträge
Zum Chatroom „Patientenschutz“
Metallabrieb
Gift im Körper
Prothesen verursachen auch bei normaler Belastung und funktionierender Prothese Abrieb. Sie werden pro Jahr ca. 1 Million mal bewegt, Bei jeder Bewegung können sich kleinste Materialteilchen von Pfanne, Kugelkopf oder Schaft ablösen und ins umgebende Gewebe eindringen oder sich am Knochen ablagern. Patienten entscheiden durch die Wahl des Materials ihrer Hüftprothese über die Art des Abriebs in ihrem Körper und sollten bei ihrer Entscheidung auf eventuell vorhandene Materialallergien achten. Bei optimalen Prothesen hält sich die entstehende Abriebmenge in tolerierbaren Grenzen und führt nicht zu gravierenden Gesundheitsproblemen.
Als besonders problematisch hat sich der Abrieb von sogenannten MoM Großkopfprothesen erwiesen. Das sind Prothesenmodelle mit einer Metall auf Metall Gleitpaarung, das heißt Pfanne und Kugelkopf sind aus einer Metalllegierung, häufig aus Chrom, Kobalt und Titan, und einem Kugelkopf größer als 36 mm.
Seit vielen Jahren weisen wir als Selbsthilfegruppe immer wieder darauf hin, dass Metallabrieb, der durch künstliche Gelenke verursacht wird, gesundheitsschädlich ist. Die Sendung “Visite” des NDR, die am Dienstag, 16. April 2019, um 20:15 Uhr ausgestrahlt wurde, bestätigt die Gesundheitsgefahr durch Metallabrieb. Neben sogenannten TEPs (Totalendoprothesen), bei denen der Kopf des Oberschenkelhalsknochens entfernt wird und in die Öffnung ein Schaft getrieben wird, auf welchem die Pfanne dann aufsitzt, gibt es Hüftkappenprothesen, die den Oberschenkelhalsknochen wie eine Kappe überkronen. Bei diese Art von Prothese bleibt wesentlich mehr Knochensubstanz erhalten. Werden in beiden Fällen Prothesenmodelle verwendet, bei denen am Ende Metall auf Metall reibt, kann es zu gefährlichem Metallabrieb kommen, der den Knochen zerstört und zu nekrotischem Gewebe führt. Die Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen e.V. hat vor einiger Zeit eine Umfrage bei Betroffenen zu den Gesundheitsbeeinträchtigungen nach Implantation einer MoM (Metall-auf-Metall) Hüftprothese durchgeführt. Genannt wurden von vielen neben Muskel-/Gelenkschmerzen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen häufig auch Herzbeschwerden. In der NDR-Sendung wird nun auch öffentlich auf diese mögliche Folge der Metallvergiftung durch Abrieb von Prothesen hingewiesen.
NDR Sendung zum Thema Metallabrieb
Prothesenregister
Prothesenregister in Deutschland, Europa, weltweit
In vielen Ländern weltweit gibt es zentrale und unabhängige Prothesenregister, welche Informationen über Medizinprodukte systematisch sammeln. Daraus lassen sich Fehlerquoten bei Prothesen, Ursachen für Probleme, besonders erfolgreiche Prothesenmodelle und vieles mehr ablesen. Die Daten müssen verbindlich von allen „Gesundheitsplayern“ wie Kliniken, Ärzte, Hersteller, Krankenkassen, etc. nach exakten Vorgaben geliefert werden. Die Daten werden jährlich ausgewertet und veröffentlicht und stehen allen zur Verfügung. Solche Register gibt es beispielsweise in skandinavischen Ländern, Großbritannien, Neuseeland, Australien um nur einige zu nennen. Betrieben werden sie von staatlichen Stellen oder von diesen beauftragten unabhängigen Institutionen.
In Deutschland gibt kein unabhängiges zentrales Prothesenregister, in welchem von allen Beteiligten alle relevanten Daten geliefert werden müssen. Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) ist mit den Prothesenregistern in den genannten Ländern nicht vergleichbar. Beim EPRD beteiligen sich einige gesetzlichen Krankenkassen, andere nicht, die privaten Kassen nehmen überhaupt nicht teil. Inzwischen haben sich einige Krankenhäuser wegen des unklaren und nicht unerheblichen Verwaltungsaufwands wieder aus dem EPRD zurückgezogen. Krankenhäuser, die sich am EPRD beteiligen beklagen Probleme mit dem Datenschutz. Gemeldet werden sollen nämlich die Daten nur, wenn der betroffene Patient ausdrücklich zustimmt. Die Auswertung der unsicheren Datenbasis erfolgt durch das EPRD, welches die Ergebnisse jedoch nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
Information
Interessantes und Wissenswertes
Ergebnisse der Umfragen zum Befinden betroffener Patienten
Der modulare Charakter der Durom Metasul LDH Hüftprothese führt bei Patienten zu immer anderen Kombinationen der einzelnen Bestandteile und macht es schwierig, die einzelnen Prothesenkombinatinen und die daraus resultierenden Beschwerden zu vergleichen. Um einen Überblick über die möglichen und am häufigsten verwendeten Zusammenstellungen zu erhalten, bitten wir alle Betroffene, die “UMFRAGE” anzuklicken, auszufüllen, abzuspeichern und an MaMamber@aol.com zu schicken.
Die Umfrage des Vereins unter den Betroffenen unterstützt uns in unserem Bemühen, gemeinsame Strategien zu entwickeln, die für möglichst viele Patienten hilfreich sind. Sie helfen also sich und uns, wenn Sie sich einige Minuten Zeit zum Ausfüllen nehmen und uns Ihre Antworten zuschicken. Herzlichen Dank!