Sammelklagen sollen kommen!
Die Medien (FAZ, taz u.a. vom 23.06.2020) haben die frohe Botschaft verkündet: nachdem die EU-Kommission bereits 2018 angekündigt hatte, Sammelklagen in Europa zu ermöglichen und somit die Verbraucherrechte zu stärken, haben sich nun Europaparlament, EU-Kommission und Ministerrat in Brüssel verständigt. Nach der Einigung vom 22.06.2020 müssen die Parlamente der EU-Staaten noch zustimmen. Die Staaten haben dann zwei Jahre Zeit, die entsprechenden Gesetze zu erlassen.
Die Durom-Selbsthilfegruppe war bereits am 04.11.2015 beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit ihrer Forderung nach Einführung von Sammelklagen in Deutschland und weiteren Verbesserungen des Patientenschutzes vorstellig geworden. Damals verwies das Ministerium auf die geplante Einführung der Musterfeststellungsklage, die dann im Zuge des Diesel-Skandals zum 01.11.2018 in Kraft trat. Zu spät für die Durom-Patienten.
Unterschied Musterfeststellungsklage – Sammelklage
Bei den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Durom-Patienten mit dem Zimmer Biomet Konzern muss jeder einzelne Betroffene nachweisen, dass das ihm implantierte Prothesenmodell fehlerhaft ist. Auf die gerichtlich festgestellte Fehlerhaftigkeit des Prothesenmodells in einem Fall kann sich ein anderer Patient mit dem baugleichen Modell nicht berufen.
Bei der Musterfeststellungsklage können „qualifizierte Einrichtungen“ mit mindestens 350 Mitgliedern stellvertretend für Geschädigte gegen Unternehmen auf Feststellung der Fehlerhaftigkeit eines Produkts klagen. Im Falle der von der Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer Biomet betroffenen Patienten würde dies bedeuten, dass gerichtlich die Fehlerhaftigkeit des Prothesenmodells in einem Verfahren grundsätzlich festgestellt wird und dies dann für alle Patienten mit dem gleichen Prothesenmodell gilt. In Verfahren zur Feststellung der grundsätzlichen Fehlerhaftigkeit eines Produkts übernehmen die klagenden Verbände das Kostenrisiko.
Forderungen nach Schmerzensgeld und Schadensersatz muss jedoch nach wie vor von jedem einzelnen Betroffenen vor Gericht eingeklagt werden. Mit einer Feststellungsklage ist das Kostenrisiko des einzelnen zur Feststellung der Fehlerhaftigkeit zwar entfallen, es besteht jedoch nach wie vor bei der gerichtlichen Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderung.
Mit einer Sammelklage (englisch: class action) kann für eine Vielzahl von Geschädigten die relevanten Rechtsfragen geklärt werden. Der Einzelne muss somit nicht mehr individuell die Verletzung der eigenen subjektiven Rechte nachweisen. Häufig enden Sammelklagen mit einem Vergleich, da in Amerika die finanziellen Auswirkungen eines Urteils für den Verursacher noch gravierender ausfallen kann.
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