Nach dem Beschluss des BGH erreichen die Durom-Selbsthilfegruppe zahlreiche Anrufe von Patienten, die fragen:“Gibt es nun Geld? Muss Zimmer Biomet nun bezahlen?“

Der Patient, der das rechtskräftige Urteil erstritten hat, wird sein Geld bekommen. Für alle anderen Betroffenen könnte man mit Radio Eriwan antworten: „Im Prinzip ja, aber…“ Denn Zimmer Biomet wird versuchen, den Kreis der Berechtigten so klein wie möglich zu halten. Weitere Klagen und Gerichtsverfahren sind deshalb nicht ausgeschlossen. Unter Umständen können diese wieder viele Jahre dauern. Also, was tun?

Was passiert jetzt?

Das höchstrichterlich entschiedene Urteil kann, muss aber nicht, als Blaupause für die bereits gerichtsanhängigen Verfahren dienen. Vermutlich werden die Richter in diesen Verfahren rascher zu einem Urteil kommen. Dennoch hat Zimmer in jedem einzelnen Fall wieder die Möglichkeit, die nächsthöhere Instanz bis zum Bundesgerichtshof (BGH) anzurufen. Auch diese Verfahren können also dauern.

Bei re-operierten Patienten, die noch keine Klage eingereicht haben, könnte sich Zimmer Biomet auf der Grundlage des ergangenen Urteils auf eine außergerichtliche Einigung einlassen. In diesem Fall sollten die jeweiligen Anwälte Kontakt mit den Anwälten von Zimmer Biomet aufnehmen und die Chancen einer Einigung ausloten.

Im nun rechtskräftigen Urteil wird dem Hersteller die Schuld für die fehlerhafte Durom-Prothese gegeben. Er ist deshalb für die Gefährdung der Patienten durch sein Medizinprodukt verantwortlich. Daraus kann abgeleitet werden, dass nun alle Patienten mit einer Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese Ansprüche gegen den Hersteller haben. Denn sie sind alle potenziell gefährdet, auch wenn bis Datum noch kein konkreter Schaden eingetreten ist. Es steht jedoch zu befürchten, dass diese umfassende Interperation nicht akzeptiert wird und gerichtlich durchgesetzt werden muss.

Geld für die Betroffene

Der erste Patient hat nun nach langem Kampf vom Gericht Schmerzensgeld in Höhe von EUR 25.000.- zugesprochen bekommen. Ein lächerlicher Betrag. Für den Betroffenen sind das nur wenige Cent pro Tag. Tage, an denen er gelitten hat, seinen beruflichen Aufgaben nicht nachgehen konnte und an denen seine Lebensfreude und -qualität erheblich eingeschränkt war.

Erstes Urteil gegen Zimmer rechtskräftig

Das Urteil von Landesgericht und Oberlandesgericht gegen Zimmer Biomet ist nun rechtskräftig. Damit ist höchstrichterlich festgestellt, dass die Durom-Prothese

„nicht hätte auf den Markt gebracht werden dürfen, der Hersteller um die Gefährlichkeit wusste oder hätte wissen müssen und dass er vorgeschriebene Tests nicht durchgeführt hat“.

Nach diesem eindeutigen Urteil sollte der Hersteller nun wenigstens so viel Anstand besitzen, sich rasch mit allen Betroffenen außergerichtlich zu einigen. Denn die noch nicht re-operierten Patienten haben eine tickende Zeitbombe im Körper. Die Folgen der fehlerhaften Durom-Prothese können auch nach Jahren noch auftreten.

Schmerzensgeld wird falsch berechnet

Die Höhe des Schmerzensgeld richtet sich nach Listen wie der Haks-Liste. Nach der gibt es für einen Hundebiss im Brustbereich EUR 40.000.- (LG Duis­burg, 2006, z. 8 O 38/06) und für eine posttraumatische Belastungsstörung nach einem Verkehrsunfall EUR 30.000.- (OLG Schleswig, 2009, Az. 7 U 76/07). Zwei Ausnahmefälle, denn bei den meisten Verfahren werden drei- maximal vier-stellige Summen zugesprochen. In den genannten Fällen stehen die Chancen für die Betroffenen aber gut, nach einiger Zeit wieder vollständig zu genesen. Diese Hoffnung haben viele Durom-Patienten nicht.

Die Hacks-Liste führt die Schmerzensgeldsummen auf, die von Gerichten Geschädigten zugesprochen wurden. Und die Gerichte orientieren sich bei der Höhe der Schmerzensgelder an diesen Listen. Eine unheilige Wechselbeziehung. So kann keine Entwicklung im Sinne von Betroffenen stattfinden.

Außerdem handelt es sich bei den zugrunde gelegten Fällen um „Unfälle“ oder Gewalttaten einzelner. Im Fall der fehlerhaften Durom-Hüftprothese wurde vom Gericht jedoch eine vorsätzliche Gefährdung von Leib und Leben von Patienten festgestellt. Aus Gründen der Gewinnmaximierung hat der Hersteller vorgeschriebene Test nicht durchgeführt. Für einen Weltkonzern, der jedes Jahr Milliardengewinne erzielt, sind EUR 25.000.- eine lächerlich geringe Summe. Solange das zu zahlende Schmerzensgeld geringer ist als der finanzielle Aufwand für klinische Tests, wird kein Hersteller in vorgeschriebene Tests investieren.

Durom-Prothese ist Schrott

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nach über 12 Jahren dem unwürdigen Treiben von Zimmer Biomet vor Gericht ein Ende bereitet. Die Zimmer-Anwälte hatten mit fadenscheinigen Einwänden das Verfahren rücksichtslos in die Länge gezogen. Gleichzeitig wurden Patienten in menschenverachtender Weise angegangen. Und bis zum Schluss war behauptet worden,  die Durom-Hüftprothese sei nicht fehlerhaft, Schuld habe der Arzt. Wohl in der Hoffnung, mit diesen realitiätsfernen Behauptungen vor Gericht durchzukommen. Und dass Betroffene im Laufe der in die Länge gezogenen Verfahren versterben oder entkräftet aufgegeben, gehörte zum Kalkül.