Gebrochene Hüftgelenke, fehlerhafte Brustimplantate, verstopfte Hirndruckventile, Herzschrittmacher mit Aussetzern sind Beispiele für fehlerhafte Medizinprodukte. Grund für die Häufung fehlerhafter Medizinprodukte in Europa und Deutschland sind fehlende Kontrollen. Denn das System der sogenannten „Benannten Stellen“ verhindert, dass unabhängige Prüfer die Produkte auf Ungefährlichkeit für Patienten untersuchen. Somit kommen Hüftprothesen und andere Hochrisikoprodukte auf den Markt und in die Patienten, ohne dass sicher ist, dass eine Gefährdung von Patienten nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann.
Keine strengeren Prüfungen für Hochrisikoprodukte
Medizinprodukte der höchsten Risikoklasse werden in Europa und in Deutschland im Prinzip kaum anders geprüft als Heftpflaster oder handelsübliche Haushaltsgeräte. Erforderlich ist für alle Produktgruppen das CE-Kennzeichen, welches von den Benannten Stellen vergeben wird. Das CE-Kennzeichen ist jedoch kein Qualitätssiegel. Es ist ein Konformitätskennzeichen, welches besagt, dass das Produkt gemäß der EU-Richtlinien produziert wurde. Ein Sicherheitsstandard für Patienten kann vom CE-Kennzeichen nicht abgeleitet werden.
Lasche Kontrollen mit System
Die Kontrollen sind auch deshalb so lasch, weil die Benannten Stellen als Prüfer von den Herstellern beauftragt und bezahlt werden. Nichtzulassungen gibt es praktisch so gut wie nicht, alles was zur Prüfung von den Herstellern eingereicht wird, wird auch zugelassen. Auf diese Weise versuchen die Benannten Stellen, ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern. Dass Patienten deshalb häufiger als notwendig fehlerhafte Medizinprodukte implantiert bekommen, interessiert niemanden.
Forderungen
Zumindest Hochrisiko-Medizinprodukte müssten unabhängigen und strengen Kontrollen unterworfen werden. Denn sie werden in Menschen implantiert und verursachen erhebliche Gesundheitsschäden, wenn sie versagen. Doch die Lobbyarbeit der Hersteller hat Verbesserungen beim Patientenschutz bisher immer erfolgreich verhindert. Wir fordern deshalb mehr Patientenschutz und strengere Kontrollen! Das Zulassungsverfahren für Medizinprodukte muss geändert werden!
Das Thema im Fernsehen
Sie sagt in der Sendung:
„Ich kann mir wirklich wie ein Versuchskaninchen vor. So nach dem Motto: Wir bauen mal ein und gucken mal, was passiert. So kam ich mir vor. Aber die Folgen, die Konsequenzen, die trage ich allein, die trägt nicht der Hersteller, damit muss ich jetzt leben und das erzeugt in mir sehr viel Wut.“
Die Halswirbelprothese „Galileo“ konnte vom Operateur nicht fest fixiert werden. Deshalb bestand die Gefahr, dass sie sich bewegt und verrutscht. Dadurch hätte sie Nerven und/oder Rückenmarkt schwer schädigen können. Bei einer „falschen“ Bewegung“ befürchtete die Patientin eine Querschnittslähmung. Sie bewegte sich deshalb kaum und wenn dann sehr langsam und vorsichtig. Und immer begleitete sie die Angst vor dem Rollstuhl oder noch Schlimmerem. Eine erneute Operation, in welcher die Prothese wieder entfernt wurde, war unausweichlich.
Doch auch heute noch leidet sie unter den Folgen: massive Bewegungseinschränkungen, Schluckbeschwerden, extremer Gewichtsverlust, weil sie nur noch pürierte Nahrung zu sich nehmen kann. Kauen und Schlucken funktionieren bei ihr immer noch nicht richtig. Die fehlerhafte Halswirbelprothese von Signus hat ihr Leben ruiniert.
Mögliche Tests wurden nicht gemacht
Die Firma Signus, der Hersteller von „Galileo“, musste das Halswirbelprothesenmodell nach nur zwei Jahren wegen hoher Versagensraten wieder vom Markt nehmen. In ihrem Rückruf teilte Signus mit, sie habe nach einem Vorfall nun weitere Untersuchungen gemacht, mit dem Ergebnis:
…die Testserien belegen leider nicht die erwartete Dauerfestigkeit der Prothese…
Signus schreibt in ihrem Rückruf weiter:
Bei einer nicht erkannten oder behandelten Verschiebung der Platte drohen erhebliche Verletzungen des umliegenden Gewebes; es kann zu einer dauerhaften Schädigung von Nerven und/oder Rückenmark kommen. (Quelle)
Dass die Tests erst durchgeführt wurden, nachdem die Prothese auf den Markt gebracht und somit in Patienten implantiert worden war, ist ein Skandal. Da es keine klaren Regeln für Hochrisikoprodukte gibt, können die Firmen immer behaupten, dass das Produkt ausreichend geprüft worden sei. Das Gegenteil können Patienten schon allein auf Grund fehlender Vorschriften kaum nachweisen. Dass die Firma Signus vor Markteinführung klinischen Tests durchgeführt hat, ist unwahrscheinlich und wohl auszuschlileßen.
Hersteller verweigern Wiedergutmachung
Fehlerhafte Medizinprodukte zerstören jedes Jahr die Gesundheit von Tausenden von Patienten. Trotzdem erhalten sie keine Unterstützung, um ihr Recht auf Wiedergutmachung gerichtlich einzuklagen. Betroffene müssen dem Hersteller die Fehlerhaftigkeit seines Produktes nachweisen, dass er die Gefahr erkannt hat oder hätte erkennen müssen und dass es sich um einen Produkt- und nicht um einen Arztfehler handelt. Die Hürden so schon ohne die finanziellen Risiken eines Prozesse extrem hoch. Deshalb trauen sich nur wenige Patienten gegen die Hersteller auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu klagen.