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Gravierende Mängel beim Patientenschutz

Gravierende Mängel bestehen beim Patientenschutz. Manchmal sind die Mängel so gravierend, dass sie für die Betroffenen tödlich enden. Doch der Staat schaut weg. Er hat offensichtlich kein Interesse, seine Bürger zu schützen. Das ist die Botschaft des folgenden Kommentars.

Das Zulassungsverfahren für Medizinprodukte ist ein Freibrief für die Hersteller. Wie genügend Beispiele belegen wird in Deutschland jeder Mist als Medizinprodukt zugelassen. Selbst ein Mandarinennetz aus dem Supermarkt erhielt das CE-Kennzeichen und hätte damit als Medizinprodukt verkauft und in Patienten implantiert werden können. Bund und Länder müssten diese Praxis dringend beenden. Doch alle stehlen sich aus ihrer Verantwortung. Mit der Folge, dass es auch künftig Skandale um Medizinprodukte wie die BIP Brustimplantate oder die Durom-Hüftprothesen von Zimmer Biomet geben wird. Die Zeche zahlen die Patienten mit ihrer Gesundheit und  manchmal auch mit ihrem Leben.

Die Zulassung von Medizinprodukten ist europaweit geregelt. Deshalb muss der Bund dafür sorgen, dass Medizinprodukte vor Marktzulassung nach strengen Sicherheitsstandards für die Patientensicherheit geprüft werden und dass die gesundheitlichen Aspekte vor den wirtschaftlichen Interessen der Hersteller rangieren. Doch in der EU fallen Medizinprodukte inzwischen nicht mehr in die Zuständigkeit des Gesundheitskommissars, sondern in die des für Wirtschaft zuständigen Kommissars. Die Lobbyarbeit der Medizinproduktehersteller mit ihren Milliardenumsätzen und -gewinnen sorgt darüber hinaus seit Jahren dafür, dass es keine Verbesserungen beim Patientenschutz gibt. Denn die würden unter Umständen die Milliardengewinne der Unternehmen schmälern. Rendite geht offensichtlich vor der Gesundheit der Patienten.

Werden Skandale um fehlerhafte Medizinprodukte bekannt, wird von Politikern reflexartig Entsetzen geheuchelt. Darin ist man inzwischen geübt. Ursachenbeseitigung steht jedoch nicht auf der Agenda. Taten statt Worte wären aber gefragt und könnten helfen, die eklatanten Missstände zu beseitigen! Wann wird einer der vielen Skandale um fehlerhafte Medizinprodukte endlich zum Anlass genommen, für strukturelle und spürbare Verbesserungen beim Patientenschutz zu sorgen?

Ohne Änderungen werden auch weiterhin potenziell fehlerhafte und unausgereifte Medizinprodukte auf den Markt und in den Patienten kommen. Nach Markteinführung beginnt dann die für den Hersteller kostenlose Testphase seines Produktes im nichts-ahnenden Patienten. Vereinbarungen mit den Operateuren sorgen dafür, dass die Erkenntnisse dieser Menschenversuche ohne Wissen des Betroffenen direkt vom Arzt zum Hersteller wandern. Menschenversuche sind in Deutschland aber verboten und nur unter strengen strafrechtlichen und ethischen Vorgaben möglich. So sind sie bei Neuzulassungen von Arzneimitteln …

“ … zulässig und vorgeschrieben, bevor ein Medikament in größerem Maßstab auf dem allgemeinen pharmazeutischen Markt gehandelt werden darf. Ethisch und rechtlich anerkannt wird im Allgemeinen ein Menschenversuch, wenn die einsichtsfähige Versuchsperson dem Experiment freiwillig zustimmt und umfassend über mögliche Folgen aufgeklärt wurde. Jedoch ist dies nur eine erste, keineswegs hinreichende Voraussetzung (siehe Sittenwidrigkeit).“ (Quelle: Wikipedia)

Bei den frisch auf den Markt gekommenen Durom-Hüftprothesen wurde den Betroffenen das Produkt „als Mercedes unter den Hüftprothesen“ angepriesen. Kein Wort, dass es sich eigentlich um ein Produkt handelt, bei dem die „möglichen und notwendigen Tests“, wie das Landgericht in einer Urteilsbegründung schrieb, unterblieben waren und das deshalb noch im Versuchsstadium war. Die Testpersonen wurden weder aufgekärt noch nahmen sie freiwillig an dem Versuch teil.

Staat und Gesetzgeber dulden dieses System seit vielen Jahren. Sie trifft somit die Hauptschuld an der menschenverachtenden Praxis. Eine gerichtliche Klärung der Schuldfrage scheint dringend geboten!

Hanspeter Hauke

Lackschaden gegen Gesundheitsschaden

Ein Lackschaden am Auto ist deutschen Gerichten offensichtlich wichtiger als ein Gesundheitsschaden an Menschen . Das OLG Stuttgart hat nach einem Bericht der Badischen Zeitung vom 24.06.2020 einer Frau Schadensersatz in Höhe von EUR 2.400.- zugesprochen, weil Kinder des nahen Kindergartens Sand auf ihr geparktes Auto geschippt hatten. Man kann sich durchaus vorstellen, dass dadurch Kratzer am Lack entstanden sind. Das ist in der Tat ein Schaden, der durch die Kinder verursacht wurde und der für den zugesprochenen Betrag beseitigt werden kann. Soweit so gut.

Die Firma Zimmer Biomet bringt eine fehlerhafte Hüftprothese auf den Markt, die allein im Freiburger Raum über 1.000 Patienten implantiert wird. Die Prothese funktioniert nicht und verursacht lebenslanges Leiden und Gesundheitsschäden. Wie die Autofahrerin klagen die betroffenen Patienten vor Gericht gegen den Verursacher. Nach über zehnjähriger Verfahrensdauer stellt das Landgericht Freiburg fest, dass die Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese des Medizinproduktherstellers Zimmer fehlerhaft ist, nicht hätte auf den Markt gebracht werden dürfen, dass die Firma notwendige und mögliche Test vor Markteinführung nicht durchgeführt hat und dass dem Hersteller die Gefährlichkeit der Prothese bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.

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Kassen einigen sich mit DePuy

Erstmals haben alle gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland gemeinsam mit dem Hersteller von Hüftendoprothesensystemen DePuy eine Vereinbarung geschlossen, durch die die Kostenerstattung für die Kassen in Folge eines Produktrückrufes vereinfacht wird. Der Produktrückruf war nötig geworden, nachdem festgestellt worden war, dass das ASR-Hüftgelenksysteme von DePuy gehäuft zu Wechseloperationen geführt hat. DePuy nahm seine ASR-Hüftgelenke daraufhin vom Markt (Quelle)

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Mafiöse Strukturen schaden Patienten?

Bei der Markteinführung neuer oder weiterentwickelter Medizinprodukte steht der Patient einer gut organisierten Interessengemeinschaft aus Herstellern, Krankenhäusern, Ärzten, Gutachtern und Labors gegenüber. Gegen diese Phalanx haben Betroffene kaum eine Chance. Wie die „Zusammenarbeit“ gegen die Interessen der Patienten funktioniert beschreibt Hanspeter Hauke in seinem Kommentar zu den bisherigen Erfahrungen beim „Freiburger Hüftprothesenskandal„. Weiterlesen