Sammelklagen in Deutschland
Sammelklage ist der Oberbegriff von zwei unterschiedlichen Arten von Klagen mehrerer Kläger: der Abhilfeklage und der Musterfeststellungsklage. In Deutschland ist das Gesetz zur gebündelten Durchsetzung von Verbraucherrechten oder auch Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) am 13. Oktober 2023 in Kraft getreten. Im VDuG sind die beiden Arten der Sammelklage geregelt. Bei der Sammelklage müssen sich mindestens 50 Betroffene zusammenfinden. Die Sammelklage, auch als Verbandsklage oder Massenklage bezeichnet, ist eine Möglichkeit für Verbraucher, sich gemeinsam gegen ein Unternehmen zu wehren, das viele Menschen auf gleiche Art geschädigt hat.
Anders als in Amerika, wo große Anwaltskanzleien Betroffene „einsammeln“ und in deren Namen Klage einreichen, können in Deutschland nur „qualifizierte Einrichtungen“ für die Betroffenen vor Gericht gehen. Die klagenden Privatpersonen oder kleine Unternehmen müssen sich hierfür beim Bundesamt für Justiz registrieren. Das Bundesamt für Justiz führt ein Verbandsklageregister, in dem qualifizierte Einrichtungen und ihre laufenden Verbandsklagen bekannt gemacht werden.
Liste qualifizierter Einrichtungen Deutschland: hier klicken
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1. Abhilfeklage
Bei der Abhilfeklage müssen sich mindestens 50 Betroffene gemeinsam bei einer „qualififzierten Einrichtung“ registrieren. Für die Betroffenen können Verbraucherverbände wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) oder der Bund der Versicherten (BdV) dann vor Gericht auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld klagen.
In seinem Urteil stellt das Gericht Höhe und Umfang der Zahlungen fest. Das Urteil ist für den Verursacher des Schadens als auch für die Betroffenen bindend. Bei Vergleichen zwischen den beiden Parteien kann die Zustimmung des Gerichts erforderlich werden. Die Leistungen, die der Verursacher zu erbringen hat, können Schmerzensgeldzahlungen und/oder Schadensersatzahlungen sein. Das Urteil ist für beide Beteiligte verbindlich. Die Abhilfeklage ist demnach eine auf Leistung ausgerichtete Verbandsklage.
Für Betroffene entstehen weder bei der Registrierung bei einer qualifizierten Einrichtung noch im Rahmen des Gerichtsverfahrens Kosten. Dafür müssen sie das Urteil dann akzeptieren. Bekannt geworden ist die erste Abhilfeklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) wegen Preiserhöhungen im Festnetz-Internet gegen Vodafone (Quelle).
2. Musterfeststellungsklage
Die Musterfeststellungsklage wurde vom Gesetzgeber 2018 eingeführt. Im Namen von mindestens 50 Betroffenen können wie bei der Abhilfeklage „qualififzierte Einrichtungen“ Klage einreichen. Dazu zählen Verbraucherschutzorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V., der Deutsche Mieterbund e. V. und viele mehr.
Erste und umfangreichste Musterfeststellungsklage war bislang die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen VW wegen der in den Fahrzeugen eingebauten Schummel-Software. Durch die Musterfeststellungsklage wurde für alle Besitzer die Fehlerhaftigkeit der entsprechenden VW-Modelle festgestellt. Auf dieser Grundlage konnten dann die zivilrechtlichen Ansprüche gegen VW eingeklagt werden. Ohne Musterfeststellungsklage hätte jeder einzelne Autobesitzer nachweisen müssen, dass die verbaute Software in seinem Auto einen Fehler im Sinne des Produkthaftungsgesetz darstellt.
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