Verhandlung wegen Duromprothese von Zimmer

Am 17.5. und 18.5. 2018 fanden vor dem Landgericht Freiburg mündliche Verhandlungen in verschiedenen Verfahren gegen den Medizinproduktehersteller Zimmer, heute Zimmer Biomet, statt. Es ging um die wegen hoher Versagensraten in die Schlagzeiten geratene Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese. Sie war 2003 vom Hersteller auf den Markt gebracht worden. Die vom Gericht geladenen Gutachter bestätigten die Fehlerhaftigkeit der Zimmerprothese.

Zimmer kannte die Gefahr, hat sie aber verschwiegen

Vor der ersten Zivilkammer des LG Freiburg fanden am 17. und 18. Mai 2018 weitere mündliche Verhandlungen gegen den Hersteller des Durom-Hüftprothesenmodells statt. Verhandelt wurden zwei  Klagen mit Hilfe von Gutachten, die von unterschiedlichen Sachverständigen erstellt worden waren und die nun vor Gericht befragt wurden.
Das Gericht zeigte bei den Verhandlungen viel Einfühlungsvermögen.  Es versuchte über einen strukturierten Zeitplan alle strittigen Punkte auszuleuchten und zu klären. Dabei mussten einige Behauptungen (auch der Gutachter) revidiert werden und sind hoffentlich für andere Verfahren Tatsachen, so dass  Klageerwiderungen künftig auf einige Seiten schrumpfen sollten. Konkret dürfte das „White Paper“ von Prof. Dr. Morlock der Vergangenheit angehören. Dieses wurde in den Verhandlungen vom Gericht regelrecht zerpflückt.

Wie das Gericht die Tatsache bewertet, dass der Medizinproduktehersteller mögliche und erforderliche Tests erst nach der Zulassung der Durom-Prothese und nachdem die Probleme publik geworden waren durchgeführt hat, bleibt der Urteilsbegründung vorbehalten. Ausführlich dargestellt wurde, dass der Firma Zimmer Probleme mit Metallabrieb bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.  Dennoch hatte die Firma keine Maßnahmen ergriffen, um eine Gefährdung der Patienten auszuschließen oder zumindest zu minimieren. Auch die Operateure waren in der Einbauanleitung von Zimmer nicht auf mögliche Gefahren hingewiesen worden. Welche Schlussfolgerungen das Gericht aus den Ausführungen der Gutachter ziehen wird, wird man seinem Urteil entnehmen können, welches am 15.10.2018 verkündet werden soll.

Zimmer zieht Verfahren immer wieder mutwillig in die Länge

Erneut wurde der Beklagten eine Verschiebung des Termins zur Stellungnahme gewährt. Dadurch wird die Abarbeitung der Verfahren nicht beschleunigt. Ein Güteversuch scheiterte vorerst an allen Parteien. Die Streithelferin wird sich nicht aktiv an einem Güteversuch beteiligen, während die Vertreter von Kläger und Beklagten „die Ergebnisse erst mal sacken lassen“ wollen. Beide Parteien stimmten einer Verwendung des Protokolls in anderen Verfahren zu.
Das Gericht unterrichte Kläger und Beklagte über die weitere  Vorgehensweise in Sachen Durom. Da es den Sachverständigen nicht zumutbar ist bei jeder Anhörung anwesend zu sein wird über eine Änderung der Abläufe nachgedacht und die Verfahren in der 1. Instanz gestrafft. Das Gericht könnte sich ein Vergleichsgespräch an einem „runden Tisch“ in Anwesenheit eines  Mediators vorstellen. Bei diesen Gesprächen käme es natürlich zu Abstrichen auf beiden Seiten. Beide Parteien sind nicht abgeneigt, stellen aber auch Bedingungen und geben zu Bedenken, dass auch noch Dritte Ansprüche an die Beklagte stellen werden.

Befragung der Gutachter

Vor Gericht erschienen waren die Gutachter Prof. J. Philippe Kretzer und Prof. Wolfram Mittelmeier. Prof. Kretzer, vom Labor für Biomechanik und Implantatforschung in Heidelberg, veröffentlicht bereits seit Jahren Fachartikel zu Produkten der Firma Zimmer Biomet. Prof. Mittelmeier von der Universität Rostock, zählte nach einer unabhängigen Datenerhebung im Jahr 2014 zu Deutschlands Top Medizinern in der Hüft- und Kniechirurgie.

Das Gericht befragte beide ausführlich zu den von ihnen erstellten Gutachten zur Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer Biomet. Nach Auffassung von Beobachtern der Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprohtese e.V. (SHG) wurden die eher hersteller-orientierten Auffassungen von Prof. Kretzer vom Gericht nur bedingt gesehen. Betont wurde, dass bereits zum Zeitpunkt der Inverkehr-Bringung des Hüftprothesenmodells im Jahre 2003 von einem erhöhten Gefährdungspotenzial hätte ausgegangen werden müssen. Deutlich wurde, dass vorliegende Ergebnisse zu den mit der Prothese verbundene Risiken weder bei der Instruktion der Ärzte berücksichtigt wurden noch zur Entwicklung spezieller Instrumente führten.

Zu Beginn hatte sich der Vorsitzende Richter für die lange Dauer der verschiedenen anhängigen Verfahren entschuldigt und deutlich gemacht, dass nun versucht werde, zügig zu einem Urteil zu kommen. Die SHG kritisiert seit langem die ständigen der Beklagten vom Gericht eingeräumten Fristverlängerungen, die den Eindruck erwecken als werde angesichts des bereits hohen Alters vieler Betroffener eine „biologische Lösung“ angestrebt.

Wie das Gericht Umfang und Berücksichtigung der von Zimmer Biomet vor und nach Markteinführung des Modells durchgeführten Tests bewertet, kann dann dem für den 15. Oktober 2018 angekündigten Urteil entnommen werden.

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