Hohe Hürden vor Gericht
Die Entscheidung von betroffenen Patientinnen und Patienten, bei einem fehlerhaften Medizinprodukt wie der Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer gerichtlich gegen den Hersteller vorzugehen, ist nicht einfach. Zum einen leidet der Patient unter den gesundheitlichen Folgen, die durch das fehlerhafte Produkt verursacht wurden. Zum anderen ist seine Position vor Gericht stark benachteiligt gegenüber dem Hersteller. Er muss gegen einen (Welt-)konzern antreten, der über erhebliche finanzielle Ressourcen und nahezu unbegrenzte Manpower verfügt.
Beweislastumkehr gefordert
In Deutschland muss der Patient dem Hersteller die Fehlerhaftigkeit des Produkts beweisen. Er muss das Gericht davon überzeugen,
a) dass das implantierte Medizinprodukt fehlerhaft ist;
b) dass die gesundheitlichen Folgen durch die Fehlerhaftigkeit des Produkts verursacht wurden;
c) dass ein kausaler Zusammenhang besteht zwischen gesundheitlichen Schäden und Medizinprodukt besteht.
Beweisführung erschwert
Dabei hat der klagende Patient kaum Rechte, an die für den Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Medizinproduktes erforderlichen Unterlagen zu kommen. Der Hersteller verweigert in der Regel selbst die Herausgabe der bei der Benannten Stelle zur Erlangung des CE-Kennzeichens eingereichten Unterlagen, von den Konstruktions-, Test- und sonstigen Unterlagen ganz zu schweigen. Unabhängige Gutachter, die zur Untersuchung der Hüftprothese herangezogen werden können, sind in Deutschlad rar gesät. Bei der fehlerhaften Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese von Zimmer soll der Hersteller alle in Deutschland tätigen Gutachter zu einem mehrtägigen Symposium in die Zentrale eingeladen haben, um mögliche Ursache für das gehäuft aufgetretene Versagen des Prothesenmodells zu diskutieren. Einen von diesen mussten Kläger gegen Zimmer dann in ihrem Verfahren beauftragen, da das Landgericht keine Gutachter aus dem angelsächsischen Raum zuließ mit der Begründung, dies würde durch erforderliche Übersetzungen den Prozess unnötig verzögern. Nach mehr als 10 Jahren hat das Landgericht Freiburg die ersten Urteile vorgelegt. Eine mögliche Verzögerung durch englisch-sprachige Gutachter hätte wohl nicht entscheidend zur überlangen Verfahrensdauer beigetragen. Und ein Ende der Verfahren ist nicht in Sicht, da die Beklagte, die Firma Zimmer, den Instanzenweg offensichtlich exzessiv auszuschöpfen gedenkt.
Keine Sammelklagen in Deutschland
Jeder Patient ist selbst für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen zuständig. Sammelklagen sind in Deutschland nicht möglich. Die als Verein organisierte Selbsthilfegruppe kann keine Rechtsberatung leisten. Erfahrungen können jedoch zwischen Vereinsmitgliedern und Verein ausgetauscht werden.
Weiterführende Informationen:
Gesetze
Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz (pdf)) aus dem BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Verjährungsfristen
Produkthaftungsgesetz
§ 12 Verjährung
(1) Der Anspruch nach § 1 verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an….mehr
Geprüft werden sollte auf jeden Fall, wann beim einzelnen die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Im Gesetz heißt es, dass die Verjährung drei Jahre zum Ende des Jahres, in welchem man von der Fehlhaftigkeit des Produkts Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Die Frage ist, ob es zur Feststellung der Fehlerhaftigkeit des Medizinprodukts ausreicht, dass das Krankenhaus alle betroffene Patienten zu einer Nachuntersuchung auffordert. Man könnte argumentieren, dass die Fehlerhaftigkeit erst dann feststeht, wenn der Hersteller die Fehlerhaftigkeit eingeräumt oder sie gerichtlich mit rechtskräftigem Urteil festgestellt wurde.
Bürgerliches Gesetzbuch
BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre….mehr
Skript zur Patienteninformationsveranstaltung von den RA Berst und Liebold
In den Jahren 2004 bis 2008 wurden im Loretto-Krankenhaus in Freiburg über 800 Patienten mit einer sogenannten….mehr
Information RA Dr. Burkhardt
Am 07.12.2009 fand im Loretto-Krankenhaus Freiburg eine Informationsveranstaltung unter reger Beteiligung….mehr
Tipp:
Wir empfehlen, Rat bei einem Fachanwalt für Medizinrecht einzuholen. Eine Liste der Fachanwälte für Medizinrecht ist bei den jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammern erhältlich.
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