Alle Artikel zum Thema Benannte Stelle

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Geprüft, aber nicht sicher!

Unter dem Thema „Geprüft, aber nicht sicher? Medizinprodukte in Deutschland“ befasste sich die Phoenix Runde am 08.02.2012 mit der Sicherheit von Medizinprodukten in Deutschland. Anlass waren die Fälle der Durom-Hüftprothesen der Firma Zimmer Biomet und die PIP Brustimplantate. Beide Produkte wurden allein in Deutschland zahlreichen Patientinnen und Patienten implantiert, ohne dass die Behörden auf sich mehrende Alarmzeichen reagiert hätten. Der Hersteller Brustimplantate, die Firma Poly Implant Prothèse, hatte in betrügerischer Absicht das ursprünglich verwendete hochwertige Silikon durch billiges Industriesilikon ausgetauscht. Auch hier wurde weder durch das Zulassungsverfahren noch die Marktüberwachung die Gefährlichkeit des Produkts festgestellt. Die Firma Zimmer Biomet hatte die vorliegenden Warnungen über Metallabrieb ihres Prothesenmodells ignoriert und die Prothese dennoch in Verkehr gebracht. Weiterlesen

Tricksereien bei M6 Bandscheibenprothesen

Christina Bonnkirch berichtet von Tricksereien bei M6 Bandscheibenprothesen: „Es gibt neue Erkenntnisse aus den bereits laufenden M6 Klageverfahren gegen Spinal Kinetics bzw. Orthofix“

Weiter schreibt sie: „Für das Bandscheibenimplantat M6 macht Spinal Kinetics nur eine CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte der Risikoklasse IIb, verschweigt dies aber auf seiner Homepage. Da bei einem Defekt Gesundheitsschäden bis zur Querschnittslähmung drohen, wäre ein Konformitätsverfahren nach Risikoklasse III zwingend durchzuführen. Spinal Kinetics hält sich an die gesetzlichen Vorgaben zur Einteilung der Risikoklassen seit 2007 nicht. Außerdem ist nach einem Gerichtsgutachten die Kernsicherung der M6 nur aus Polymeren. Dieser Kunststoff kann durch Sterilisationsverfahren geschädigt werden mit Konsequenzen für die Haltbarkeit. Schon seit über 20 Jahren gibt es hierzu Studien. Die Kernsicherung hätte anders konstruiert werden müssen. Wenn die Kernsicherung brüchig wird oder reißt, kann der M6-Kern austreten und es drohen durch diesen Defekt Gesundheitsschäden. Leider ist dies bei einigen Patienten passiert, die Spinal Kinetics daher auch verklagen. Die Einschätzung von Spinal Kinetics auf der Homepage, wonach die M6C und M6L ein Leben lang halten, ist bei diesem Konstruktionsfehler Wunschdenken. Bei einem gesetzeskonformen Verfahren nach Risikoklasse III wäre die gefährliche Schwachstelle der M6 erkannt worden und Patienten hätten nicht schwere gesundheitliche Dauerschäden erlitten.“ Weiterlesen

Reaktionen auf die ImplantFiles

Heftige Reaktionen gab es auf die Veröffentlichungen der ImplantFiles, welche große Sicherheitsmängel bei Medizinprodukten aufgedeckt hatten.

Die Dokumentation der Missstände, welche die Recherchegemeinschaft Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR am 26.11.2018 veröffentlicht hatte, schlug hohe Wellen. Die Nachforschungen machten deutlich, dass das bisherige Zulassungssystem von Medizinprodukten in Deutschland und Europa nicht aufrecht erhalten werden darf. Denn es bietet keine Gewähr, dass die zugelassenen Produkte auch sicher sind für die Patienten. Wie Haushaltsgeräte und andere Produkte des Alltags, benötigen auch Medizinprodukte nur die CE-Kennzeichnung, damit sie in  Europa verkauft werden dürfen. Die Beispiele, welche die ImplantFiles dokumentierten, zeigen zu welch ungeheuerlichen Exzessen dieses Verfahren führen kann. Ob Patienten dabei zu Schaden kommen oder gar ihr Leben verlieren, scheint niemanden zu interessieren.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit der „Benannten Stellen“ von den Herstellern von Medizinprodukten verhindert eine effektive Kontrolle. Das ist so als ob ein Autobesitzer sein Fahrzeug in eine beliebige Werkstatt in Europa bringen kann, wenn er eine neue TÜV-Plakette braucht. Da die Werkstatt auch die nächste technische Untersuchung durchführen will, hat sie großes Interesse, den Auftraggeber nicht zu enttäuschen.  Wenn sein Fahrzeug nicht wirklich verkehrssicher ist, kostet die Plakette etwas mehr.

Die Ergebnisse der Recherchegemeinschaft bestätigen die seit Jahren von der Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen e.V. (SHG) erhobene Forderung nach unabhängigen und  effektiveren Kontrollen für mehr Patientenschutz bei der Zulassung von Medizinprodukten.

Die fehlerhafte Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer Biomet

Die SHG weist jedoch weiterhin darauf hin, dass auch die Überwachung der Medizinprodukte, nachdem sie auf den Markt gebracht wurden, verbessert werden muss. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist zwar zuständig für Untersuchungen und Warnungen, wenn Probleme mit Medizinprodukten bekannt werden, ist aber abhängig davon, dass entsprechende Informationen und Unterlagen auch tatsächlich von Herstellern und/oder Kliniken eingereicht werden. Die „Empfehlung“, die das BfArM dann aussprechen kann, sollte die dann zuständige Landesbehörde zum Handel veranlassen. Geschieht auf Landesebene nichts, hat das BfArM keine Möglichkeit, aus seiner „Empfehlung“ eine „Anweisung“ zu machen. So blieb das bei den fehlerhaften Durom-Hüftprothesen der Firma Zimmer Biomet zuständige Regierungspräsidium Freiburg untätig und verweigerte die Umsetzung der Empfehlung des BfArM, das Produkt vom Markt zu nehmen. Begründet wurde das Nichts-tun damit, dass „eine juristische Auseinandersetzung mit dem Hersteller“ zu befürchten gewesen wäre“. Die Information der mit dem fehlerhaften Prothesenmodell  belieferten Kliniken unterblieb, weil „sich die Probleme inzwischen ja rumgesprochen hätten“.

Neben der Verbesserung der Zulassungsverfahren für Medizinprodukte und ihrer Überwachung nach in Verkehrsbringung bedarf es eines unabhängigen und verpflichtenden Meldesystems der in den Menschen eingebrachten Medizinprodukte. Es kann nicht sein, dass auch das Bundesgesundheitsministerium keine Ahnung hat, welche Medizinprodukte wo mit welchem Erfolg in Deutschland auf dem Markt sind.

Medizinproduktehaftung in der Praxis

Jörg Heynemann, Fachanwalt für Medizinrecht in Berlin, hat in der Ausgabe März 2017 der Zeitschrift „Karriere im Recht“ die Grundlagen und Probleme bei Medizinprodukten dargestellt. Jörg Heynemann hat Pharmazie und Rechtswissenschaften in Bonn und Berlin studiert. Nach einer wissenschaftlichen Tätigkeit am Institut für Zivilrecht und Rechtstatsachenforschung der Freien Universität Berlin, Lehrstuhl Prof. Sedatis war Heynemann als Rechtsanwalt tätig. Er spezialisierte sich auf Medizinrecht und Arzneimittelrecht mit den Schwerpunkten Arzthaftungsrecht, Geburtsschadensrecht, Medizinprodukterecht, Arzneimittelhaftung und Berechnung von Personenschäden. RA Heynemann vertritt von einer fehlerhaften Hüftprothese Betroffene aus ganz Deutschland.

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CE-Zeichen bietet keine Sicherheit

Jedes Medizinprodukt, welches in der EU zugelassen wird, muss von einer Benannten Stelle das CE-Kennzeichen vorweisen. Häufig wird der irreführende Eindruck erweckt, dass mit dem CE-Kennzeichen die Qualität des Produkts festgestellt wird. Dass dies jedoch weder bei Medizinprodukten der niedrigsten Risikoklasse wie Heftpflaster oder Scheren noch bei denen der höchsten Risikoklasse wie Herzschrittmachern oder Prothesen der Fall ist, beweisen die ZDF-Sendung „WISO“ und die Sendung „ODYSSO“ vom SWR.

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Sicheres Zulassungsverfahren gefordert

Das europäische Zulassungsverfahren für Medizinprodukte bietet keine Sicherheit vor fehlerhaften Produkten. Die Benannten Stellen sind in Europa für die Zulassung zuständig. Sie werden vom Hersteller beauftragt und bezahlt und scheuen deshalb die Ablehnung einer beantragten Zulassung. Außerdem prüfen sie nur die vom Hersteller vorgelegten Unterlagen. Effektive Kontrolle von Medizinprodukten zur Sicherheit der Patienten sieht  anders aus.

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Durom-SHG zu Gesprächen in Berlin

Am 04.11.2015 waren die Vorsitzenden der Durom-Selbsthilfegruppe (Durom-SHG) Hanspeter Hauke und Manfred Mamber zu Gesprächen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem Bundesverband der AOK sowie bei Fachanwälten für Medizinrecht in Berlin. Gesprächspartner waren der Parlamentarische Staatssekretär im BMJV Ulrich Kleber und Dr. Johannes Fechner, MdB und Rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Beim Bundesverband der AOL trafen sich die Vertreter der Durom-SHG mit Dr. Jürgen Malzahn, seit 2007 Leiter der Abteilung Stationäre Versorgung, Rehabilitation des AOK-Bundesverbandes in Berlin.

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Klage in den USA und GB

Bei einer Klage in den USA haben Patienten, die gegen einen Medizinproduktehersteller vorgehen wollen, wesentlich bessere Chancen als in Deutschland. Die Summen für Schadensersatz und Schmerzensgeld, die in den USA im Falle des Obsiegens den Betroffenen zugesprochen werden, sind dem entstandenen Schaden angemessen, manchmal scheinen sie sogar übertrieben hoch. In Amerika können Betroffene gemeinsam eine große, auf Medizinrecht spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragen. Kosten entstehen den Patienten dadurch anders als in Deutschland nicht. Das finanzielle Risiko trägt die Anwaltskanzlei. Gewinnt sie das Verfahren, erhält sie von der erstrittenen Summe einen bestimmten Anteil. Der Rest bekommt der klagende Patient.

Keine Sammelklage in Deutschland

In Deutschland muss jeder Betroffene einzeln Klage einreichen. Bereits mit der Beauftragung eines Anwalts entstehen dann Kosten. Mit Einreichung der Klage bei Gericht fallen Gerichtskosten an. Im weiteren Verlauf des Verfahrens entstehen oft nicht unerhebliche Kosten für Gutachter, Gutachten und weitere Gerichtskosten. Dies alles muss der Patient vorfinanzieren. Verliert er das verfahren, bleibt er auf seinen Kosten sitzen. Ein Risiko, das viele nicht eingehen können. Sie verzichten deshalb darauf, für ihr Recht zu kämpfen.

In Amerika bereitet die beauftragte Anwaltskanzlei das Verfahren vor. Sie recherchiert die fachlichen und wissenschaftlich relevanten Fakten, setzt Mitarbeiter und weitere Anwälte ein, holt sich Rat und Expertise bei Fachleuten, kurz: nutzt alle Möglichkeiten einer großen und finanzstarken Kanzlei.

Hohes finanzielles Risiko in Deutschland

In Deutschland hat ein einzelner Patient keine Möglichkeit, die Stundenhonorare der Anwälte und Rechercheure einer Großkanzlei zu tragen. Er beauftragt einen einzelnen Fachanwalt für Medizinrecht, der angesichts der Komplexität der Fragestellungen überfordert ist. Der Medizinproduktehersteller hat eine gut gefüllte Kriegskasse, die es ihm erlaubt, die größte Kanzlei und besten Anwälte zu beauftragen. Zimmer beauftragte die weltweit aufgestellte Kanzlei „Linklaters“, eine der führenden Kanzleien mit Niederlassungen allein in Deutschland in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt und München.

Mehr Rechte für Patienten in USA

In Amerika sind die Recht von Klagenden weiter gefasst als in Deutschland. Die Firmen müssen den Patienten alle Unterlagen zur Verfügung stellen, die für den Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Medizinprodukts notwendig sind. In den Verfahren gegen Zimmer wegen der fehlerhaften Durom-Prothese war es nicht möglich, die Konstruktionsunterlagen oder die Unterlagen, die bei der Benannten Stelle zur Erlangung der CE-Kennzeichnung zu erhalten. Der Hersteller berief sich auf das „Betriebsgeheimnis“ und verweigerte mit Unterstützung des Landgerichts die Herausgabe der Unterlagen. Doch wie sollen Patienten in Deutschland die Fehlerhaftigkeit ihrer Prothese nachweisen, wenn sie keine Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen erhalten?

Diese Überlegungen hatten dazu geführt, dass die Durom-SHG Kontakt zu einer großen Anwaltskanzlei in New York aufgenommen hatte, um die Möglichkeiten einer Klage gegen Zimmer in den USA zu eruieren. Die Hoffnung war, über diesen Umweg doch noch an die notwendigen Unterlagen und Informationen zu kommen.

Bericht der Veranstaltung mit Rechtsanwalt Carl Christian Thier, Attorney at Law (NY), Registered European Lawyer (UK), von der US-Kanzlei Urban Thier Federer & Chinnery, P.A. New York – Houston – Orlando – Palm Beach – München – London

 

Bundestagsanfrage zu Medizinprodukten

Am 14. August 2014 stellte die Bundestagsfraktion von ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Kleine Anfrage an die Bunderegierung zur Sicherheit von Medizinprodukten in Deutschland (Drucksache 18/2359). Unter anderem wird Auskunft verlangt, weshalb die Haftungsregelungen bei fehlerhaften Medizinprodukten – im Vergleich zum Arzneimittelrecht – , wenig patientengerecht seien.

So läge bei Medizinprodukten die Beweislast sowohl für den Produktfehler als auch für den daraus resultierenden Schaden grundsätzlich bei den Patientinnen und Patienten. Das Arzneimittelrecht sehe dagegen eine Beweiserleichterung und Auskunftsrechte gegenüber den Herstellern vor (Drucksache 18/2359, S.2).

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Neue Prothesen schlechter als alte

Ein Forscherteam um Art Sedrakyan von der Weill Cornell Medical School in New York hat herausgefunden: neu entwickelte Hüft- und  Knieprothesen sind oft schlechter als die alt-bewährten. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Studie im British Medical Journal (BMJ), der international anerkannten Fachzeitschrift aus Großbritannien. Das Forscherteam hat festgestellt, dass die neuen Prothesenmodelle häufiger brechen und Revisionen öfter und nach kürzeren Zeitabständen erfolgen müssen.

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